Es ist Freitag, der 8. März. Wir sind den 3. Tag auf See, unsere aktuelle Position 04°49'S, 095°23W, so langsam nähern wir uns der Süd-Ost Passat Zone.

Die erste Nacht vom 6. auf den 7. sind wir mit dem roten Gennaker durchgesegelt. Gestern haben wir dann auf Torstens bevorzugte Segelbesetzung gewechselt:

Fock auf Backbord ausgebaumt, Kuttersegel als Windfänger an Steuerbord an der Selbstwende-Schiene dicht gesetzt und das Groß weit ausgebaumt auf Steuerbord.

Aufgrund der schwankenden Windstärken war es ein anstrengendes Segeln, weil es stete Wachsamkeit erforderte, den richtigen Windwinkel

zu treffen - und leider ist ab und zu die Windsteuerung außer Ruder gelaufen. 

Ein unerwarteter südlicher Winddreher zwang uns am heutigen Vormittag zum erneuten Segelwechsel. Jetzt fahren wir nur mit Kuttersegel und Groß höher am Wind. Gleich werden wir den Code0 setzen, um wieder raumer segeln zu können.(Soweit für die eingeweihten Segelfans unter Euch).


Es ist wirklich warm und feucht - auch wenn der Himmel bedeckt ist. Das Thermometer am Kartentisch zeigt 32 Grad und knapp 80% Luftfeuchtigkeit.

Man/frau schwitzt beim Nichtstun. Mein stiller Trost: Es könnte gut mit unserer Zucht an Keimlingen klappen. Auch das Aufgehen des noch zu backenden Brots wird dadurch geling sicher.


So, wieder zurück vom Segelmanöver. Der Code0 steht, unsere Reisegeschwindigkeit lässt leider noch zu wünschen übrig.


Es ist schön, wieder auf See zu sein. Nach 14 Tagen Landgang auf Galapagos war der Hafenkoller nah. Es wurde auch mal wieder Zeit, nur unter uns Dreien zu sein. Das Leben an Bord gestaltet sich gut - wie eine Dreier-WG eben. Manchmal gibt es ein paar Missstimmungen, die dann aber auch bald wieder vergessen sind. Es steht und fällt alles mit ausreichend Schlaf und guter Küche. Noch leben wir abwechslungsreich von unseren frischen Einkäufen in Santa Cruz. Zudem ist unser Gefrierschrank immer noch voll. So voll, dass wir leider nicht angeln, denn wohin mit einem erfolgreichen Fang? Deshalb gibt es jetzt als Mittagssnack Frikadellen a la Torsten aus aufgetautem Mett.


Die Nachtwachen machen wir nach gewohntem Plan. Lutz von 21 bis 24 Uhr, ich bis 3 Uhr, dann Torsten bis 6 und Lutz von 6 bis 9 Uhr. Am Tag verteilen wir die Aufsicht so wie es gerade passt. Das Frühstück macht meistens Torsten, ich häufiger das Abendbrot. Lutz ist dafür länger Rudergänger. Die Aufgaben sind gleichmäßig aufgeteilt. Die täglichen Funkrunden um 9 und 18 Uhr übernimmt Ulrike. Mit den verschiedenen Tätigkeiten vergeht der Tag schnell. Zeit und Muße zum Lesen stellt sich wenig ein. Das muss noch anders werden. Schließlich haben wir eine Menge Informationen zu Französisch-Polynesien erhalten, die wir für unser individuelles Cruising nutzen wollen.


15:50 Uhr: Der Wind ist endgültig eingeschlafen. Uns bleibt nichts anderes übrig, als den Motor zu starten. Aus der Not eine Tugend gemacht, stellen wir den vollgeräumten Geschirrspüler an, waschen eine Maschine Wäsche – was die Maschine selbst nicht so gut findet, angesichts der unruhigen See – und lassen den Watermaker laufen. Dank seiner Unterstützung haben wir ungefähr 80 % des Wassertanks gefüllt. In Verbindung mit dem am Küchenwasserhahn eingebauten Kohlefilter haben wir so immer leckeren Trinkwasser, so dass wir unsere Flaschenvorräte noch nicht groß angebrochen haben.


So motoren wir in die Nacht. Das gleichmäßige Geräusch lässt einen gut schlafen. Außerdem wiegen wir uns in der Sicherheit, dass in der Nähe befindliche Wale vom Schraubengeräusch gestört werden und einen weiten Bogen um die Seaside machen. Ob es diesbezüglich schon Erkenntnisse gibt, dass das funktioniert? Egal, uns lässt diese Hoffnung etwas ruhiger schlafen. Und dann fängt es noch sachte aber stetig zu nieseln an. Jeder 15 minütige Kontrollgang nach draußen durchnässt einen, die Nacht ist stockduster. Nicht gerade eine romantische Segelnacht.


Um 03:30 Uhr in der Frühe, Ulrike hat sich gerade ins warme Bett verkrochen, kommt dann Torstens Kommando: „All hands on deck!“ Der Süd-Ost Passat ist da mit 14 bis 15 Knoten. Salingsbeleuchtung an und es geht los: In den Wind gehen, Groß hissen.

Dann wird die Fock ausgerollt. Einer fiert die Luv-Schot, der andere macht frühmorgentliches Armtraining: Lee-Schot dicht winschen. Bei 16 Meter Schiff muss ganz schön viel Strecke überbrückt werden. 


So rauschen wir den 4. Tag auf See dahin. Teilweise mit 20 Knoten Wind und 10 Knoten Fahrt über Grund. Die langgezogene Pazifikwelle schaukelt die Seaside hin und her, als ob sie eine leichte Nussschale wäre. Jeder Gang wird zur Akrobatik. Zudem müssen wir die Oberlichter dicht lassen, weil immer wieder Gischt beziehungsweise salziger Sprühnebel überkommt. Treibhausklima in der Kajüte!


Mittlerweile ist es 17 Uhr Bordzeit / 23 Uhr UTC. In einer Stunde ist wieder abendliche Funkrunde über SSB. Die Flotte ist mittlerweile doch schon so weit auseinandergedriftet, dass die Schiffe weit voraus oder Nachzügler nicht mehr so gut zu verstehen sind. Die Damen-Funkrunde ist noch nicht umgesetzt. Ulrike ist gespannt, ob daraus überhaupt etwas wird. 


In der Nacht zum Sonntag, 10. März, erreichen wir genau zum Schichtwechsel um 03:00 Uhr unseren ersten Wegepunkt. Die ersten 690 Seemeilen sind geschafft. Der morgendliche Wetterbericht gibt wieder ein anderes Routing vor, nun direkter Weg zu den Marquesas, keine Bögen mehr Richtung Norden, um dort von den Strömungen zu profitieren. Der nächste Wegepunkt ist 1200 Seemeilen entfernt. Wenn alles so weiter läuft, sollten wir ihn in 6-7 Tagen erreicht haben.


Der Vormittag ist betriebsam: Beide Angeln sind ausgebracht und bringen uns zwei Mal Glück: zuerst einen Mahi Mahi (Goldmakrele), die Lutz unter Torstens Anleitung mit Mühe, aber fachgerecht zerlegt. Auch die Weiterverarbeitung will gelernt sein! Nachdem die Kombüse wieder in Ordnung gebracht ist, ein erneutes Zurren der Angel: dieses Mal ist es ein kleiner Geldflossen-Tunfisch. Ulrike hält sich aus der ganzen Sache raus und versucht sich stattdessen an ihrem ersten Brot – nach gut verständlicher Backanleitung von Markus.


So segeln wir nun bei 8-9 Knoten Fahrt über Grund auf Halbwind-Kurs und heiter bis wolkigen Himmel in den Sonntagnachmittag.


Heute Abend gibt es dann frische Goldmakrele, gebraten, mit Rosmarinkartoffeln und Salat. Und für Zwischendurch ein frisch gebackenes Brötchen. Wenn das kein Sonntagsessen ist!