Am Samstag, den 15.9.2018 um 17:28 Uhr verlassen wir mit auflaufendem Wasser die Marina de Lagos Richtung Madeira. Vor uns 480 Seemeilen auf dem Atlantik und gleich die erste Nacht auf dem Wasser – etwas kribbelig und mulmig ist mir schon: Wird die Seekrankheit der ersten Tage mich wieder erwischen? Noch stecken uns die anstrengenden Wochen und die von Schlafmangel geprägte, frühe Anreise in den Knochen.


Am Freitag ging es nämlich schon um 5:40 Uhr mit dem Flieger von Hannover nach Faro/Portugal. Torsten hatte ein ruhiges Fensterplätzchen in der letzten Reihe ergattert und hat den Flug schlafend verbracht. Lutz und ich hatten einen jung-dynamischen Sitznachbar, mit dem wir über das Thema Bose Kopfhörer ins Gespräch gekommen sind. Er war auf dem Weg zu seinem Sommerurlaub, um dort für einige Tage intensiv für seinen ersten Marathon zu trainieren. Lutz und er hatten sich den ganzen Flug über etwas zu erzählen, so dass die Reise sprichwörtlich wie im Flug verging – nur Schlaf nachgeholt hatten wir nicht.


In Faro angekommen sind wir mit dem vorab gebuchten Kleintransporter zum nächst gelegenen Geschäft gefahren, um dort nach einer passenden Ersatz-Waschmaschine für die Seaside zu suchen – leider in beiden Geschäften erfolglos. Zumindest mit dem Lebensmittel Einkauf konnten wir eine Sache auf unserer To-Do-Liste erledigen und wir setzten unseren Weg Richtung Lagos fort.


Torsten war schon ganz gespannt, wie es um seine Seaside stand: diese war nämlich noch aufgepallt in der Werft, mit neuem Antifouling-Anstrich und – frisch poliert. Bei diesem Anblick glänzte nicht nur der Schiffsrumpf:


Während an der Seaside noch die letzten Arbeiten vor dem Kranen ins Wasser erledigt wurden, spazierten wir in die Marina und trafen dort auf einen guten Bekannten: Jean und seine Amel 54. Ehefrau Christiane hatte sich eine Auszeit genommen und war zu Hause in der heimischen Schweiz in ihrem Garten am Werkeln. Jean freute sich über die Abwechslung und ließ sich gern von uns animieren, ein kleines Mittagessen in Torstens Stamm-Lokal einzunehmen.


Um 16:30 Uhr konnten wir dann endlich mit der Seaside, frisch betankt zu unserem Liegeplatz fahren. Hut ab vor Torstens Können: Mit Augenmerk und einer ruhigen Gelassenheit manövrierte er die Seaside in eine enge Stegbox.


Den Freitagabend ließen wir dann mit Jean und Manfred, ein weiterer Bekannter aus dem ARC Kreis, in einem einheimischen Lokal, fern von jedweder Touristentour, ausklingen. Wie immer hatte Jean ein untrügliches Gespür für leckersten Wein und köstlichstem Essen: einfach, aber grandios. Todmüde fielen wir dann um 23 Uhr in unsere Kojen. Vielen Dank Oskar, dass Du die Betten schon frisch bezogen hattest!


Der Samstagvormittag war wieder vollgepackt mit Dingen, die vor der Abfahrt noch zu erledigen waren. Lutz und Torsten mussten bis 9 Uhr unseren Leihwagen zurückgebracht haben – die Fahrräder im Gepäck. Auf dem Rückweg konnten sie, weil das Geschäft zufällig in der Nachbarschaft zur Leihwagenfirma lag – noch einen Angelladen aufsuchen! Weihnachten im September! Derweil erledigte ich noch den Einkauf von frischen Lebensmitteln im nahegelegenen Supermarkt. Um 11 Uhr dann gab es endlich Frühstück. Frisch gestärkt klarierten die Männer die Segellast, setzen schon einmal den Code Zero für späteren Segelspaß und ich saugte mühselig die vom Rigger hinterlassenen, feinsten Metallsplitter von Deck.


Dann hieß es Abschied nehmen von Jean und Manfred und Anneliese. Irgendwie stimmt es doch traurig, wenn nette Menschen, auch wenn man sie nur so kurz kennt, im Hafen zurückbleiben und man mit lautem Signalhorntönen verabschiedet wird.


Nun also die erste Nacht auf hoher See. Die erste Wacht von 20 Uhr bis Mitternacht übernimmt Torsten. Das ist auch gut so, denn wir müssen das vielbefahrene Verkehrstrennungsgebiet, das den aus- und einlaufenden Schiffsverkehr in die Straße von Gibraltar reguliert, queren. Um Mitternacht löst Lutz ihn ab, danach kommt meine Schicht von 3 bis 6 Uhr morgens. Diesen Wachtrhythmus werden wir die nächsten Nächte beibehalten.


Was soll ich sagen: wir wurden gleich richtig getauft. Bei 5 Beaufort Wind auf Halbwind-Kurs, überkommendes Wasser und sportlicher Schräglage segelten wir dahin. So ganz wohl war uns allen nicht, so dass die Küche kalt blieb. Die Nacht war erstaunlich kalt und feucht – auch das kein freundlicher Einstieg in den Törn. Aber am nächsten Morgen, bei blauem Himmel, blauem Wasser und angenehmen Windverhältnissen war die Welt wieder in Ordnung.

Innovative Segelstellungen brachten den erwünschten Erfolg: Bei 8,7 Knoten achterlichem Wind, 5,7 Knoten Fahrt durchs Wasser bei raumen Kurs. Keine schlechte Ausbeute.

Lang herbeigefiebert konnte es nun endlich losgehen mit der Angelei:

Die Vorbereitungen wurden getroffen und die hochwertigsten Köder wurden angebracht. Ich sage nur eins: Stellt Euch einen Gummi-Oktopus als Drag-Queen vor – und das sollte den Fischen gefallen?

Augenscheinlich schon. Kurz vorm Dunkelwerden, die Küche noch in vollständigem Chaos vom Abendessen, biss die erste Goldmakrele an. Mahi, Mahi – herzlichen Glückwunsch Lutz.


Die Nachtwache von Sonntag auf Montag konnte ich schon ausgeruhter angehen. Während die Männer noch in der Küche werkelten, um die Goldmakrele zu filetieren, ging ich um 21 Uhr schlafen. 


Heute war Besuchstag: 


Der kleine Piepmatz (in Ermangelung einer akuraten Artbestimmung) bezog auf der Seaside Quartier. Noch verschmäht er unser schnell improvisiertes Vogelfutter mit altem Brot und Haferflocken in Wasser getränkt. Auch das vorgenommene Bergen von Code Zero und Groß konnten ihn nicht vertreiben – eine kleine Runde um die Seaside gedreht und dann wieder auf der Fockschot Platz genommen. Ein hervorragender Aussichtsplatz der zum Verweilen einlädt. Nur schmecken tut’s ihm (noch) nicht. Torsten achtet aufmerksam darauf, dass wir ihn nicht vertreiben!

Zum späten Lunch gab es gebratenes Goldmakrelenfilet an Bratkartoffeln. Einfach und sehr lecker. Heute Abend stehen Spaghetti Carbonara auf dem Menüplan – ich leide schon unter Pasta-Entzug.


Zur Zeit motoren wir. Der Wind hat deutlich nachgelassen und trotz Hydrogenerator benötigt unser Service-Batterie wieder Aufladung. Die aktuelle Ankunftszeit am Zwischenstop Porto Santo ist morgen, Dienstag, ca. 17 Uhr – mal schauen, ob uns der Wind nicht im Stich lässt. Sollte es deutlich später werden, segeln bzw. motoren wir direkt weiter nach Madeira. Auch kein Problem – genügend Proviant haben wir geladen und auch das Test-Wasser aus dem Watermaker schmeckt gar nicht so übel. Duschen wird sowieso überbewertet. Nachtrag: Der Watermaker leckt immer noch, die angebrachten Schellen sind nicht ausreichend. Torsten hat eine nächste Baustelle.


Es ist 19 Uhr – Ortszeit UTC+1: Damit ich pünktlich ins Bett komme, sollte es bald Abendessen geben. Mein Job – an Spaghetti Carbonara lass‘ ich keinen dran.


Dienstag, 18.9.18

Weiter geht’s unter Motor. Die Flagge Madeiras wird gehisst und das Ende der langweiligen Motorfahrt herbeigesehnt. Gegen 14 Uhr Ortszeit ist es dann soweit, wir erreichen den Ankerplatz vor der Marina Porto Santo.

Dienstagnachmittag und -abend erkundeten wir den Ort Porto Santo. Der vielgerühmte lange Sandstrand war etwas enttäuschend, grobe Kiessteine bestimmten das Bild. Dafür aber im Ort selbst die klassischen, portugiesischen Mosaikpflaster, die wir auch schon auf den Azoren kennen gelernt haben.

Den Abend haben wir in einer kleinen Weinbar ausklingen lassen. Im Ausschank lokale Madeira-Weine, geschmacklich gewöhnungsbedürftig. In unsere Tasche der Mitbringsel wanderte eine home-made Seife aus Traubenkernen. Fancy – nix für Männer. Dennoch guckten Torsten und Lutz wohlgemut und entspannt.

Auch das erinnert an die Azoren bzw. an die Hafenmauer Hortas: Bilder, von Seglern gemalt, die den Atlantik zumindest bis hierhin überquert haben.

Am Mittwoch machten wir uns auf nach Madeira. Spaßkurs unter Gennaker, auch wenn der Wind hätte mehr sein können.

Die ARC 2018 Flagge ist schon gesetzt, erhoffen wir uns doch Rabatt bei der Liegegebühr.

Mittwoch, 19.9, 17 Uh:r Ankunft in Quinta do Lorde. Ein freundlicher Marina-Hafenmeister begrüßt uns auf seinem Schlauchboot bereits vor der Hafeneinfahrt und lotst uns an unseren Liegeplatz. Die Marine gehört zu einem Hotelkomplex, der architektonisch sehr ansprechend und an die Landschaft angepasst gebaut wurde und so den Eindruck eines Dorfs vermittelt.

Am Donnerstag ging es dann mit dem Leihwagen an die grüne und schroffe Nordküste Madeiras. Serpentinartige Straße lassen Spaß beim Fahren aufkommen.

Im Örtchen Faial folgen wir der Empfehlung des Reiseführers und essen in einem landestypischen Restaurant, das für seine Fischspeisen bekannt ist. Zuvor besuchten wir die einheimische Zuckerrohr-Distellerie. Mhhh, köstlichster Rum. Gleich 4 Flaschen wanderten in unsere Mitbringsel-Tasche. Der lokale Poncha haute mich um: ausgepresste frische Zitronen und Orangen, aufgefüllt mit Vodka – das hatte ich nicht gewusst.

Nächster Haltepunkt war Porto Moniz, an der nord-westlichsten Ecke Madeiras gelegen, mit seinen Meeresschwimmbecken im Lavagestein. Schön anzusehen, aber doch etwas touristisch. Schöner dann die Fahrt weiter um die Insel herum. Torsten erfreute sich der Blütenpracht am Stranßenrand und bestand darauf, einen Strauß für die Seaside zu pflücken. Nun schmückt der Strauß wild gewachsener Hortensien und Argapantus den Salontisch – stilvoll im Tupperbehälter.

Am Freitag war der letzte Tag auf Madeira. Funchal-City stand auf dem Besuchsplan. Torsten wollte uns unbedingt den großen Mercado Lavadores zeigen mit seiner Fülle an Marktständen für Gemüse, Obst (es gibt Bananen auf Madeira!!) und einer separaten Fischhalle! Im Anschluss ein kleiner Bummel durch Funchals Altstadt sowie ein kurzer Blick auf die Marina - nichts für die Seaside, das Hafenbecken ist nicht tief genug. Unseren Aufenthalt auf Madeira lassen wir an der Hotelbar ausklingen. Der Plan für den nächsten Tag: Wecken um 6:15 Uhr, ablegen und unter ordentlichem Wind auf nach La Graciosa, Kanaren. 270 Seemeilen.


To be continued...